User:Belsaia/Sebylla/story
Master of Storytelling honorary title bestowed by Oakheart on May 25, 2021 |
~ Aus dem Leben einer Hobbit ~
Meine Mama, Begonia, stammt eigentlich aus Stock und ist nur der Liebe wegen so weit nach Westen gezogen. Meine eine Oma, die Mutter meiner Mama ist eine echte Haarfuss.Von ihr stammt wohl die Freude an der Gartenarbeit und am Kochen. Mein Papa, Dagobrand Silberdistel, kommt aus einer entfernten Seitenlinie der Tuks und hat noch eine gehörige Portion Falbhaut in die Familie gebracht. Von Ihm habe ich wohl die Freude an der Jagd und eine leichte Abenteuerlust. Früher war ich mit meinem Vater auch häufig auf der Jagd. Ähh ... nein nicht was ihr denkt! Wir haben Kaninchen und Fasane und manchmal, für ein Fest, einen Rehbock gejagt. Um Wölfe, Bären oder Schlimmeres hat mein Papa immer einen großen Bogen gemacht, wenn ich dabei war. Aber das ist jetzt auch schon Geschichte. Mein Papa hat sich zur Ruhe gesetzt und kümmert sich nur noch um seinen Gemüsegarten und das Essen von Mama.
Apropos Mama, von der habe ich die Freude an der Musik und am Tanzen. Tanzen brauchte ich nicht lernen, das kann ich schon seit ich Laufen kann – sagt jedenfalls mein Papa. Das Spiel auf der Laute und Flötespielen hat mir Mama beigebracht. In der Anfangszeit habe ich die Nachbarn wohl ziemlich genervt, aber heute ist es ganz passabel. Meine Großtante Seburga aus Michelbinge hat mir später auch noch das Geigespielen beigebracht. Sie ist die Schwester von Papas Vater und hat gesagt, dass ich ein ›Naturtalent‹ bin. Na ja, wahrscheinlich meinte sie, dass man mein Gekratze auf der Fidel nur Fröschen und Mücken zumuten könnte. Also bin ich zum Üben gleich in die Felder gelaufen und habe Spitzmäuse verscheucht. (kichert albern) So ist es auch nicht verwunderlich, dass ich viel öfter mit Laute oder Fiedel, als mit dem Bogen unterwegs war. Dabei ist es bis heute auch geblieben und mittlerweile haben sich die vielen Übungsstunden ausgezahlt: Die Leute laufen nicht mehr gleich weg, wenn ich mal Musik mache. Aber Muhme Seburga hat das leider nicht mehr mitbekommen ... Upps! Nein nicht, was ihr denkt! ... Sie ist nach Bree gezogen. Als ihr Mann, mein Oheim, gestorben ist, hat sie den Hof in Michelbinge an eine Familie Birkenheim verkauft und ist in das Smial ihres Onkels übergesiedelt. Das liegt am Südwesthang des Breeberges, hat einen hübschen Kräuter- und Gemüsegarten und ist innen größer, als es aussieht – also genau das Richtige für eine alte Dame! Aber wenn ich sie so nenne, droht sie mir immer mit dem Kochlöffel.
Zu den großen Markttagen in Bree oder auch zu Oma Seburgas Geburtstag sind wir manchmal nach Bree gefahren und haben sie besucht. Das war immer ein Abenteuer! Zwei Tage hin,dann waren wir eine Woche dort und dann zwei Tage wieder zurück. Wir sind mit dem Ochsenkarren gefahren und haben bei Mamas Verwandschaft in Stock übernachtet. Das war auch der einzige Grund, weshalb meine Mama die Tour mitgemacht hat. So konnte sie mal wieder ihre Familie besuchen. Ansonsten ist sie nämlich gar nicht für so weite Reisen zu haben.
Wenn wir dort waren, erkundigte sich Muhme Seburga immer gleich nach meinen Fortschritten auf der Fidel. Deshalb musste ich in den Wochen vor so einer Bree-Reise immer fleißig üben. Sonst hab ich meistens zu Geburtstagen in Lützelbinge oder zum Lithe- und Julfest gespielt. Manchmal musste ich auch in der Küche oder im Garten helfen und an den anderen Tagen war ich häufig mit meinen Freunden unterwegs. Trotzdem hat das Wenige ausgereicht, dass ich auf allen Instrumenten mit den Jahren immer besser wurde. Was nicht besser wurde, waren die Platzverhältnisse zu Hause. Ich war lange ein Einzelkind, aber als ich gerade ein Twien geworden war, bekamen wir noch einmal Nachwuchs. Ich hatte mich auf ein Geschwisterchen gefreut, aber als es dann Zwillinge waren und ich mein Zimmer mit gleich zwei Brüdern teilen sollte, fand ich das gar nicht mehr lustig. In den ersten Jahren gab es deshalb auch öfter mal Streit im Hause Silberdistel, weil so ein Twien ziemlich eigensinnig und laut sein kann. Heute weiß ich, dass ich meine Eltern damals fast zur Verzweiflung getrieben habe, aber das ist ja das Vorrecht der Twiens! (schmunzelt)
Bei Oma Seburga erwartete mich ein eigenes Zimmer, das größer war als unser Wohnzimmer zu Hause. Ein Fenster mit Blick zum Garten sorgte für ausreichend Licht. Das Zimmer war zwar hübsch eingerichtet, aber Oma Seburga sagte, ich könne es so umgestalten, dass es mir gefällt und wenn ich etwas nicht haben will, fliegt es raus. Ich fühlte mich wie eine Königin. Was mich noch erwartete, waren meine beiden Basen, Sebranda und Sebohra. Die beiden stecken noch mitten in den Twiens, aber die Oma passt schon auf, dass sie nicht über die Stränge schlagen. Oma Seburga hatte mich aber nicht ganz ohne Hintergedanken eingeladen, bei ihr zu wohnen. Ich sollte natürlich auch ein wenig auf die beiden aufpassen, damit die Oma auch mal zur Ruhe kam. Außerdem sind die Beiden auch sehr musikalisch und Oma wollte schon immer in einer Hobbitkapelle spielen. Seit ich mit den Dreien unter einem Dach lebe, machen wir regelmäßig Hausmusik. Irgendwann haben wir auch draußen gespielt. Erst am Breeberg vor unseren Nachbarn und später dann vor dem Tänzelnden Pony. Das ist das große Gasthaus von Bree. Der Herr Butterblume ist da der Wirt und er hat uns vor seinem Haus spielen lassen. Als das Publikum zahlreicher wurde und die Ersten fragten, wer wir den wären, sagte Oma Seburga: ›Wir sind die Silberdisteln und meine Nichte Sebylla ist die Kapellmeisterin.‹ Und so bin ich dann Kapellmeisterin geworden. Allein hätte ich mich das nicht getraut, aber Oma schafft einfach Tatsachen!
Kurze Zeit später kam auch mein Onkel Marlutar, der Vater meiner Basen, der in Stadel wohnt, mit dazu und wir traten nun offiziell als Quintett auf. Das machen wir noch heute. Unser Repertoire geht von guter alter Auenlandfolklore über die ›klassische‹ Elbenmusik bis zu den populären Gassenhauern, die in Bree und Umgebung gespielt werden. Manchmal sind auch Ausflüge in Musikrichtungen anderer Kulturen dabei. So spielen wir auch mal diese neuen Sachen wie diese zwergischen Stilrichtungen Rock und Punk oder das Klezmer, das aus dem Osten oder Süden kommt. Mitunter werden wir auch schon mal zu Familienfeiern oder Festen in den Siedlungen gebucht. Wir haben sogar schon ein paar große Konzerte im Auenland, auf der Methelbühne, und in Bree gegeben. Wenn es so weiter geht, kann ich von der Musik ganz gut leben. Andererseits gibt es natürlich auch die Schattenseiten: Man kommt spät nach Haus, ist häufig nachts auf dunklen Straßen unterwegs – und nicht immer sind die Grenzer in der Nähe. Das ist manchmal ganz schön gruselig! Und natürlich die Instrumente! Die müssen wir immer noch alleine schleppen! Das Rosshaar für die Fidelbögen müssen immer meine Basen besorgen, vor den großen Pferden hab ich zu viel Respekt. Aber ich will mich nicht beschweren, ich darf Musik machen und habe sonst viel freie Zeit. Da sind das nur Kleinigkeiten.
Für unsere Konzerte müssen sie ja immer alles vierfach schneidern, mal alles genau gleich, mal der gleiche Schnitt, aber unterschiedliche Farben und Stoffen und mal für jeden etwas anderes aber passend zu einem Motto. Das bedeutet für Sebranda und Sebohra natürlich jede Menge Arbeit. Und dann müssen sie auch noch eine passende Robe für ihren Vater scheidern. Da gibt es jedesmal Diskussionen über die Kopfbedeckung. Wir haben viele schöne Hüte mit denen wir auch auftreten, aber die sind natürlich nichts für einen Herrn. Und der Marlutar ist ohnehin am liebsten unbehütet und ist stur, wie ein Bock, wenn er doch mal einen Hut aufsetzen soll. Ich liebe die Hüte und Kleider, aber die sind natürlich nichts für den Alltag. Dafür habe ich immer noch die Sachen, die ich aus Lützelbinge mitgebracht habe.
Neben der ganzen Musik bin ich auch noch als Redakteurin beim Auenland Boten beschäftigt. Da habe ich auch den Beuno kennengelernt, das ist so ein lustiger Bockländer, der immer eine Mütze mit zwei Zipfeln trägt. Der arbeitet auch in der Redaktion, genau wie der Faroweis, das ist der Mann von der Chefin und der Aubi, unser Mädchen für alles. Aber ich will gar nicht so viel von den anderen erzählen, vielleicht mögen die das gar nicht!
Ich bin schon von Anfang an dabei und für die Bilderrätsel zuständig. Ab und zu schreibe ich die Geschichten von Oma Seburga für den Klatschteil auf; manchmal auch einen Bericht über ein wichtiges Ereignis, wie zum Beispiel Geburtstagsfeiern, Konzerte oder Wanderungen. Aber da sagt mir unsere Chefredakteurin, Mairad Birnhaag, immer rechtzeitig Bescheid, wenn ich mit so etwas dran bin. Man sollte ja schließlich auch bei einer Veranstaltung dabei sein, wenn man drüber schreibt. Und dann nutze ich den Aubi – wie wir unsere Zeitung liebevoll nennen – auch, um ein bisschen Werbung für unsere Konzerte zu machen, die Mairad hat da auch nichts dagegen. Vielleicht schreibe ich später auch einmal für's Feuilleton. So einen richtigen Fortsetzungsroman, da muss ich mal meine Ideen sortieren und dann mit der Chefin sprechen...
Was gibt es sonst noch von mir zu erzählen? Ach ja! Ein Hinweis in eigener Sache – wie wir bei der Zeitung sagen – Oma Seburga hat neuerdings immer die Anwandlung, mich mit irgendwelchen Hobbitherren verkuppeln zu wollen. Also hier mal die Klarstellung: Ich bin nicht verheiratet und habe aktuell auch keine Ambitionen daran etwas zu ändern. Ich sehe ja bei meiner Chefin was so ein Mann im Haus einbringt. Mehr Wäsche zum Waschen, eine Speisekammer, die ständig leer ist und Drecktapsen auf dem frisch gewischten Fussboden. Nein danke, das brauche ich nun wirklich nicht! Aber nun habe ich genug von mir erzählt, so interessant ist das ja auch nicht ...
Dank ihrer Unterweisung konnte ich auf unseren Reisen nicht nur Rührei und Brattöften für hungrige Musikanten zubereiten, sondern auch Wölfe und Räuber abwehren. Auch dem Timm Sandigmann habe ich mit Hilfe des Küchengeräts begreiflich gemacht – oder besser eingebläut – das sein Unrat in der Wässer nichts verloren hat. Seitdem gucken die Leute immer komisch, wenn ich meine Pfannen dabei habe. Es gab sogar eine Begebenheit, bei der ich von der Zwergenpatrouille in Bree wegen der Pfannen festgesetzt werden sollte. Ich hab das erst gar nicht mitbekommen und die Zwerge von ›Durins Faust der Gerechten‹ freundlich begrüßt, als ich ihnen am Keilerbrunnen begegnet bin. Ein bisschen seltsam war es schon, dass alle im Kreis um mich herumstanden und die Hand an der Axt oder dem Spieß hatten. Aber ich dachte, Zwerge sind halt so; immer ein bisschen aufplustern, damit sie ernst genommen werden. Ich habe ihnen dann ein zünftiges Bauernomelett zubereitet, weil sie von dem Marsch schon ziemlich entfettet aussahen. Danach haben sich alle artig bedankt und ich durfte sogar mit ihnen zum Rathaus marschieren.
Später habe ich dann erfahren, dass sie mich eigentlich auf Weisung vom Bürgermeister Zartlärche ins Gefängnis bringen sollten, wegen unerlaubten Tragens von waffenähnlichen Gerätschaften. Na, da kann ich nur sagen, ein Glück, dass ich das nicht mitbekommen habe und die Zwerge nach dem Essen kein Interesse mehr an der Ausführung der Weisung hatten. Das hätte einige Dellen in Zwergenschädeln und verbogene Nasen gegeben. Dabei mag ich den Fürst Kriso und seine Langbärte doch ganz gerne. Aber im Rathaus habe ich dann einen Schrieb vom Bürgermeister bekommen und seitdem darf ich auch in Bree die Pfannen überall hin mitnehmen.